Heute spreche ich wieder das Thema Belohnung und Bestrafung an. Denn dieses Thema ist kompliziert. Viele Eltern fragen sich: “wie kann eine Belohnung schlecht sein? Ich möchte doch einfach mein Kind für die gute Arbeit oder fürs Benehmen belohnen. Ihm etwas gutes tun.”
Ich kenne es! Denn ich bin selbst da gewesen. Ich bin mit Belohnungen und Bestrafungen aufgewachsen. Bevor ich mich informiert habe, haben sie zu meiner intuitive Reaktionen gehört, denn so funktioniert doch Erziehung, oder?
NEIN!
Ich werde jetzt erklären, warum Belohnungen nicht zu empfehlen sind.
Belohnungen sind versteckte Bestrafungen und sie schaden der inneren Motivation
Ja, du hast richtig gelesen. Einfach erklärt, kann es wie folgt erklärt werden: was passiert, wenn dein Kind nicht die Aufgabe schafft? Genau, es bekommt nicht die Belohnung, worauf es sich gefreut hat. Das Gehirn reagiert auf eine ausgebliebene Belohnung gleich wie auf eine Bestrafung. Mit anderen Wörtern: Das Kind ist gerade bestraft worden.
Lies gerne auch über toxisches Verhalten in der Eltern-Kind-Beziehung und was du tun kannst, um andere Wege zu finden, in diesem Artikel: „Toxisches Verhalten in Eltern-Kind-Beziehung – 11 Beispiele“.
Beispiel
Ich möchte dieses Thema etwas genauer beleuchten und ich mache es in Form eines fiktiven Beispiels mit einer Schulklasse:
Eine Geschichtslehrerin möchte das Interesse für das Lernen in der Klasse erhöhen und damit die Kinder mehr Lernen. Als äußere Motivation bereitet sie ein Belohnungssystem für alle Schüler vor. Das Belohnungssystem wird auf die Tafel vor die ganze Klasse gesetzt und zeigt jeden Namen in der Klasse und Belohnungs-Sterne. Für jede richtige Antwort bekommt der jeweilige Schüler einen Stern neben seinen Namen. Und am Ende der Woche wird zusammengezählt wer am meisten Sterne hatte. Und diese Person bekommt eine kleine Belohnung.
- Am Ende der Woche bekommt dasKind, das die meisten Sterne hatte, seine Belohnung und das Kind geht glücklich nach Hause.
- Die Kinder die keine Belohnung bekommen haben, aber sich viel angestrengt haben, werden vermutlich enttäuscht sein. Die haben sichja auch angestrengt, aber wurden nicht gesehen. Es besteht die Gefahr, dass ihre innere Motivation zur Schule zu gehen abnimmt.
- Das Kind, das am meisten Sterne hatte, und die Belohnung bekommen hat, kann möglicherweise Leistungsdruck entwickeln. Denn es möchte auch nächste Woche die/der Beste sein. Und eventuell werden die anderen Schüler das Kind weniger mögen. Denn es wird von der Lehrerin bevorzugt.
- Die Kinder die keine Sterne hatten werden eventuell Schuld- und Schamgefühle entwickeln. Beide wirken sichschlecht auf das Selbstbild aus. Es kann zu Gedanken kommen wie “ich kann es sowieso nicht” “Ich bin nicht gut genug um es überhaupt zu versuchen”. Diese können sich negativ auf das Lernen aus Und wird nicht förderlich für die innere Motivation sein.
Die Lehrerin, die eigentlich mit ihrem Belohnungssystem eine gute Absicht hatte, hat nun eine Klasse mit Schülern, deren innere Motivation in den Unterricht zu gehen noch schwächer ist als vor der Einführung.
Übung: Ersetzte nun die Lehrerin in dem Beispiel mit den Eltern und die Schüler mit den Geschwisterkindern in der Familie. Und stell dir vor, dass die Eltern ein ähnliches Belohnungssystem in der eigenen Familie einführen. Was denkst du, wird in der Familie passieren? Wie werden sich die Kinder fühlen? Werden die Eltern zufrieden sein?
Was hätte die Lehrerin stattdessen tun können?
Die Lehrerin hätte nach Wegen suchen können, wie sie die innere Motivation der Kinder hätte wecken können.
Die innere Motivation wird geweckt, wenn ein Interesse vorliegt. Das Lernen ist mit positiven Gefühlen verbunden, macht Spaß, es gibt eine Freude am Denken und Tun.
Wie hätte es aussehen können? Hier wieder ein fiktives Beispiel:
Eine andere Geschichtslehrerin möchte auch das Interesse für das Lernen in der Klasse erhöhen und somit sollen die Kinder mehr Lernen. Sie ist sich bewusst, dass innere Motivation erfolgreicher für den Lernprozess ist als mit Belohnungen und Bestrafungen zu arbeiten, und sucht daher nach Möglichkeiten wie sie die innere Motivation wecken kann. Sie kommt auf folgende Aktivitäten:
- Sie schreibt 4 verschiedene Lernthemen für die nächsten 2 Wochen auf. Denn sie ist sich bewusst, dass Selbstbestimmung förderlich für die innere Motivation ist und deswegen soll jeder Schüler selbst entscheiden mit welchen Thema es arbeiten möchte.
- Danach werden kleine Gruppen pro Thema gebildet, und jede Gruppe darf selbst entscheiden wie sie mit dem Thema vorgehen möchte und wie sienach 2 Wochen das Thema vorstellen möchten. Damit die Kinder etwas Unterstützung bekommen wird vorgeschlagen, dass sie entweder ein kleines Theaterstück über das Thema machen können, oder sie können eine Arbeit über das Thema schreiben und kurz der Klasse vorstellen oder sie können ein Fragequiz über das Thema entwickeln, das sie mit der Klasse machen.
- Die Lehrerin ist für jegliche Fragen zugegen und unterstützt gerne, falls die Schüler es möchten. Ab und zu zeigt sie Interesse dafür wie die Gruppen vorankommen. Gleichzeitig legt sie großen Wert darauf, dass sie nicht kontrollierend ist, denn sie weiß, dass Kontrolle schädlich für die innere Motivation sein kann.
- Nach 2 Wochen dürfen alle Gruppen ihre jeweiligen Gruppenarbeiten präsentieren. Inden Präsentationen wird fokus darauf gelegt, dass es in der Klasse einen wertschätzenden Ton gibt. Auf Bewertungen und Verurteilungen werden verzichtet, denn die Lehrerin weiß, dass solche negativ für die innere Motivation sein können.
- Und anschließend dürfen die Schüler Ideen geben womit sie die nächsten 2 Wochen arbeiten sollen (innerhalb des Rahmens der Themen, die im Lehrplan vorgegeben sind) und wie sie mit diesem Themen arbeiten wollen. Denn die Lehrerin meint somit, die Selbstbestimmung der Kinder zu fördern und ihre innere Motivation zu erhöhen.
Als Ergebnis haben die Schüler mehr Spaß, Freude und Interesse an den Themen die sie bearbeiten. Und als Folge werden sie mehr Lernen und eine höhere innere Motivation haben.
Übung: Ersetzte nun die Lehrerin in dem Beispiel mit den Eltern und die Schüler mit den Geschwisterkindern in der Familie. Und stell dir vor, dass die Eltern die Entwicklung der Kinder auf ähnlichem Wege fördern möchten. (Entwicklung basiert u.a. auf Lernprozessen). Sie verzichten aber komplett auf Belohnungen und Bestrafungen. Was denkst du, wird in der Familie passieren? Wie werden sich die Kinder fühlen? Werden die Eltern zufrieden sein?
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Teil 1 von 2
Dies ist das erste Teil in einer Reihe von 2 Blogbeiträgen. In zwei Wochen kommt der zweite Teil und dann kannst du über dieses Thema lesen: “Ja es gibt Situationen wo Belohnungen sind!” und “Was kannst du machen, wenn Belohnungen oder Bestrafungen schon Teil deiner Erziehung sind?”
Ich freue mich immer über deine Reaktionen und Kommentare.
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